Zukunft Ennstal – ARGE Intermodale Verkehrsplanung

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Moreau

Sie müssen nicht, was sie tun

Verkehrskollaps, Todesopfer, Klimawandel. Die herkömmliche Verkehrsplanung löst keine Probleme, sondern erzeugt sie.

Es gibt nur wenige Menschen, die in der Früh aufstehen und darüber nachdenken, wie sie anderen einen Schaden zufügen könnten. So sind auch die meisten Verkehrsplaner und Verkehrspolitiker persönlich durchaus nette Menschen mit guten Absichten. Doch gut gemeint ist nicht selten das Gegenteil von Kunst.
Vergleicht man die Pläne und Ratschläge der – meist einseitig Auto-orientierten – „Verkehrsexperten” mit deren Wirkungen in der Praxis, zeigt sich ein Versagen, das seinesgleichen sucht:

Die vermeintlichen „Entlastungsstraßen“ führen regelmäßig zu einem Wachstum des Autoverkehrs. Autobahnen schaden – neben Natur und Gesundheit – der kleinräumigen Wirtschaft, dünnen die Nahversorgung aus und saugen die Kaufkraft in die Ballungszentren. Auf den Straßen und Plätzen der Städte und Dörfer fühlt man sich als Mensch nicht mehr zu Hause, weil sie längst von Autos besetzt sind.
Der Fußgänger ist – „Erfolg” der so genannten „Verkehrserziehung” – ein Verkehrsteilnehmer 2. Klasse. Doch was soll man machen? Wer sich nicht beizeiten den Regeln des Autoverkehrs anpasst, läuft Gefahr, überfahren zu werden.

Laut European Transport Safety Council (ETSC) sind in der EU Unfälle im Straßenverkehr inzwischen „the leading cause of death and hospital admission for citizens under 50 years“. Die globale Zahl der Todesopfer durch Straßenverkehrsunfälle seit Erfindung des Automobils bis 2005 wird mit etwa 35 Millionen beziffert, die der Verletzten mit 1,2 Milliarden. Allein im Jahr 2006 opferten erneut über 1 Million Menschen ihr Leben dem Straßenverkehr.

Last but not least verzeichnet der Autoverkehr in der EU die größten Zuwächse bei Treibhausgasemissionen. Der verkehrsbedingte CO2-Ausstoß hat sich in Österreich, das voll im EU-Trend liegt, zwischen 1990 und Heute nahezu verdoppelt. An einer weiteren Verdoppelung wird gearbeitet. So hat seit Jahresbeginn allein der Lkw-Verkehr im Wiener Raum um 37 Prozent, in Gesamtösterreich um durchschnittlich 18 Prozent zugelegt.
Entsprechend erweisen sich die ohnehin halbherzigen Bekenntnisse und Maßnahmen der Regierung zum Schutz des Klimas als heiße Luft. Zum Vergleich: Bis 2010 stellt Rot-Schwarz 500 Millionen Euro für den Klimaschutz zur Verfügung, aber 4,6 Milliarden – das Neunfache – für neue Straßen und Autobahnen. Nicht anders in der EU, auch da fließen 62 Prozent des Verkehrsbudgets in die Straße.

Es ist daher kein Wunder, dass die Prognosen weiter steil nach oben zeigen – wie in der soeben präsentierten Studie der ÖAMTC-Akademie, an deren Erstellung über 100 „Experten” aus Österreich und der EU beteiligt waren. Der Lkw-Verkehr soll demnach um 65% bis 2030 anwachsen, die Zahl der zugelassenen Pkw um 40 Prozent steigen. Zugleich wird beklagt, dass das hochrangige Straßennetz bis 2030 um „nur” 30 Prozent wachsen werde.
Aus diesem Grund befürchten die „Experten”, dass es bald eng und enger werden wird auf unseren Straßen. Stauangst legt sich auf die Gemüter.
„Nur” 30 Prozent neue hochrangige Straßen könnten den anwachsenden Autoverkehr nicht aufnehmen! Darum – auf das läuft es am Ende hinaus, Bauindustrie und Banken reiben sich bereits die Hände – wäre es natürlich besser, mehr hochrangige Straßen zu bauen – damit der prognostizierte Verkehr nur ja Platz hat! Ein Schelm, wer daran denkt, die Prognosen würden für die Ausbaupläne gezimmert, die schon in den Schubladen liegen.

Der Gedanke, dass es einen Zusammenhang geben könnte zwischen der als „Lösung“ propagierten Ausweitung des Straßennetzes und dem Wachstum des Autoverkehrs, scheint den „Fachleuten” jedenfalls nicht in den Sinn zu kommen. Die Erkenntnis, dass das Mobilitätsverhalten der Menschen infrastrukturbedingt ist, hat in den vor Stauangst gelähmten Expertengehirnen offenbar keine Chance auf Einlass. Die völlige Hilflosigkeit der Verkehrsplaner gegenüber den von ihnen selbst verursachten Problemen und dem drohenden „Kollaps” ist augenfällig.

Was fehlt, um den Verkehr in den Griff zu bekommen und auf ein lebensfreundliches, nicht-tödliches, klimakompatibles Maß zu beschränken, sind neben dem nötigen politischen Willen ein umfassendes Systemverständnis – das bei Fachleuten jenseits des verkehrsplanerischen Mainstreams durchaus vorhanden ist – und, noch wichtiger: Fantasie! – von der Einstein sagte, sie sei „wichtiger als Wissen, denn Wissen ist begrenzt”. Wie begrenzt Wissen sein kann, beweist das Wirken der herkömmlichen Verkehrsplanung.

Zuerst erschienen in: Der Standard, Kommentar der Anderen, 29. Mai 2007