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Franz Fall

Die Lobbyisten-Weltmeister

Die wahren Könner unter den Lobbyisten findet man in Österreich: Einem Unternehmen wie der ÖBB Investitionen aufzubürden, die fast das Doppelte des Kernumsatzes ausmachen, ist ein echtes Kunststück.

Der Herr AK-Direktor-Chef Werner Muhm fühlt sich als Erster dazu veranlasst, dem von ihm ausgeübten Lobbyismus den Mantel der Rechtmäßigkeit umzuhängen. (Standard 6. April). Ein Vertreter der Lobbyistenbranche, Feri Thierry, wiederum sieht sich bemüßigt, für seine Branche eine Lanze zu brechen und die hehren Ziele, die auf reiner Ethik basieren, herauszustreichen.

Was hat all dem ein Vertreter der Bürger entgegenzusetzen, der von den Auswirkungen des Lobbyismus vor allem als Steuerzahler in höchstem Maße betroffen sein wird? Sehr vieles:

Die Realität sieht nämlich aus dem Blickwinkel langjähriger Erfahrung etwa am Beispiel des Bahnausbaus so aus: Die Baugewaltigen unter ihrem langjährigen Chefideologen Pöchhacker haben bereits vor über 20 Jahren nach absehbarer Fertigstellung des Autobahn- und Schnellstraßennetzes großes Interesse gezeigt, ihren Hunger nach Großaufträgen durch den Schienenausbau zu stillen. Dazu brauchten sie Verbündete, die sie auch fanden:

Arbeiterkammer, Wirtschaftskammer, Industriellenvereinigung, politische Parteien, Banken – um nur die wichtigsten zu nennen – konnten für die Unterstützung gewonnen werden, um zusammen einen überaus starken Einfluss auf die jeweilige Regierung auszuüben. Selbstverständlich musste auch die Öffentlichkeit entsprechend dafür gewonnen werden. Dazu bedurfte es auch einer groß angelegten Öffentlichkeitsarbeit, wie Werbeeinschaltungen (Zeitungen) und politischer Unterstützung (ORF).

Diese Werbekampagne funktioniert nach wie vor perfekt, nur die immer mehr sich abzeichnenden hohen Schulden (für den Steuerzahler) beginnen diesen Coup zu stören, daher wird alles unternommen, um die Großprojekte (Tunnel) bis zu einem „point of no return” zu bringen (siehe Spatenstich Koralmtunnel).

Was vielleicht in anderen Ländern der Fall ist, läuft bei uns anders: Im Wesentlichen gibt es bei uns gar keinen Wettbewerb unter den Lobbyisten. Sie arbeiten in der Regel für dieselben Auftraggeber. Welch guten Nährboden sie hier vorfinden kam in den letzten Monaten ans Licht. Zur Verstärkung der mächtigen Lobby werden laufend auch noch Lobbyisten beauftragt, z. B. für den sogenannten Infrastrukturreport des Future Business Austria (Industriellenvereinigung). Wo gibt es da noch Kräfte, die dieser Art von Systemlobbyismus noch etwas entgegensetzen könnten?

  • Die Bürger könnten sich zum Beispiel an ihre Abgeordneten wenden  – sie holen sich dabei in der Regel kalte Füße, sofern sie überhaupt gehört werden.
  • Sie können ihr Missfallen in Leserbriefen ausdrücken – welche in den meisten Fällen in den Papierkörben der Chefredaktionen landen.
  • Sie können eine Bürgerinitiative gründen und ihre Anliegen an jene Politiker herantragen, die entsprechende Verantwortung tragen – auch das erweist sich vielfach als völlig nutzlos, weil eben die meisten Politiker dem starken Druck einer geeinten Lobby viel mehr Gehör schenken, als den Bürgern, die man nur zur Wahl braucht.
  • Selbst wenn Bürger mit Gutachten aufwarten, werden sie von einer ganzen Heerschar von meist staatlich bezahlten Gegengutachtern ausgetrickst.

Resümee: Einem Unternehmen ÖBB, das finanziell abgewirtschaftet hat und auf der Schiene einen Marktumsatz von nur rund 1,3 Milliarden Euro erzielt, auf Dauer Investitionen von mindestens 2,3 Milliarden Euro aufzubürden, ist aus Lobbysicht in der Tat weltweit ein rekordverdächtiger „Erfolg”. Bereits in einigen Jahren werden sich die dafür Verantwortlichen aus dem Staub gemacht haben und das große Kopfzerbrechen, wieso es überhaupt zu diesem einmaligen Schlamassel kommen konnte, wird beginnen.

Autor: Dkfm. Franz Fall, Quelle: Der Standard, 14. April 2011